Wenn Ihr Restore heute 6 Stunden statt 30 Minuten dauert, liegt’s selten an der Hardware.
Wer heute Datensicherung und Datensicherheit als Ganzes versteht, kann morgen mit gezielten Maßnahmen Krisen in Chancen verwandeln.
73 % aller Datenverluste in KMUs passieren, weil IT-Verantwortliche zwei simple Verfahren verwechseln: „inkrementell“ und „differenziell“. Prüfen Sie in 60 Sekunden, ob Ihre Strategie zu den 73 % zählt.
Deshalb durchtrennen wir jetzt den Gordischen Knoten: Was steckt wirklich hinter Voll-, Inkrementell- und Differenziell-Backups – und welche Methode verhindert Ihre nächste Katastrophe?
Kernkonzepte 🠒 Drei Verfahren im Visier
Um die drei Kernverfahren zu verstehen, stellen wir uns Ihre Datenmenge als ein digitales Bücherregal vor. Am Anfang (Montag) enthält es 100 Bücher. Jeden Tag kommen 10 neue Bücher hinzu.
Vollbackup (Baseline)
Die Methode: Jeden Tag wird eine komplette Kopie des gesamten Bücherregals erstellt.
- Im Beispiel: Am Montag wird eine Kopie von 100 Büchern gemacht, am Dienstag eine neue, separate Kopie von 110 Büchern, am Mittwoch von 120, und so weiter.
- Vorteil: Extrem einfache und schnelle Wiederherstellung, da immer nur eine einzige Datei (die des gewünschten Tages) benötigt wird.
Differentielles Backup
Die Methode: Nach einem ersten Voll-Backup werden nur die Daten gesichert, die sich seit dem letzten Voll-Backup geändert haben.
- Im Beispiel: Am Montag wird das volle Regal (100 Bücher) kopiert. Am Dienstag werden nur die 10 neuen Bücher gesichert. Am Mittwoch werden die 20 neuen Bücher gesichert (die 10 von Dienstag + 10 von Mittwoch).
- Vorteil: Guter Kompromiss zwischen Speicherplatz und Wiederherstellungsaufwand (benötigt nur das Voll-Backup + das letzte differentielle Backup).
Inkrementelles Backup
Die Methode: Nach einem ersten Voll-Backup werden nur die Daten gesichert, die sich seit dem letzten Backup (egal welchen Typs) geändert haben.
- Im Beispiel: Am Montag wird das volle Regal (100 Bücher) kopiert. An jedem folgenden Tag werden immer nur die 10 neuen Bücher des jeweiligen Tages gesichert.
- Vorteil: Benötigt am wenigsten Speicherplatz und ist am schnellsten in der Erstellung.
Speicherbedarf nach einer Woche im direkten Vergleich
Hier sehen wir, wie sich der gesamte Speicherplatz für alle Backups nach 7 Tagen entwickelt.
Backup-Typ | Berechnung des Speicherbedarfs | Gesamtspeicher | Faktor |
Voll-Backup | 100+110+120+130+140+150+160 GB | 910 GB | 9.1x |
Differentiell | 100 + (10+20+30+40+50+60) GB | 310 GB | 3.1x |
Inkrementell | 100 + (6 × 10) GB | 160 GB | 1.6x |
Fazit: Die Wahl der richtigen Methode ist immer ein Kompromiss. Das inkrementelle Backup ist am speichereffizientesten, aber die Wiederherstellung aus einem Voll-Backup ist am einfachsten und sichersten.
Detailvergleich 🠒 Welche Backup-Art ist die richtige für Sie?
Die Wahl der richtigen Backup-Art ist immer ein Balanceakt zwischen Geschwindigkeit, Speicherplatz und Sicherheit der Wiederherstellung. Es gibt keine universelle Lösung – die beste Wahl hängt von Ihren Prioritäten ab.
🟢 = „perfekt für tägliche Backups“, 🟡 = „Kompromiss“, 🔴 = „nur in Ausnahmen“
Kriterium | Vollbackup (Referenz) | Inkrementell | Differenziell | Praxistipp |
Backup-Geschwindigkeit | 100 GB ≈ 2 h | 10 GB ≈ 10 min 🟢 | 60 GB ≈ 45 min 🟡 | Täglich inkrementell → Zeitersparnis 90 % |
Speicherverbrauch / 7 Tage | 700 GB 🔴 | 160 GB 🟢 | 460 GB 🟡 | Bei knappen Budgets → Inkrementell |
Wiederherstellungszeit | 2 h (ein Band) | 2 h + 6×10 min = 2 h 40 min 🟡 | 2 h + 45 min = 2 h 45 min 🟢 | Notfall-Differenziell schneller |
Fehleranfälligkeit | Sehr gering | Hoch (Kette reißt → alles weg) 🔴 | Gering (nur 2 Bänder) 🟢 | Prüfsummen + Cloud-Redundanz nutzen |
Komplexität/Admin-Aufwand | Minimal | Hoch (Kettenpflege, Logs) 🔴 | Niedrig 🟢 | Automatisierte Tools (Veeam, Borg) |
Ideal für… | Wöchentliche/monatliche Basis-Backups | Tägliche Backups mit begrenztem Speicher | Guter Allrounder, Balance aus Speed & Sicherheit | - |
Täglich inkrementell + wöchentlich differenzielles Sicherungsband = bestes Preis-/Leistungs-Verhältnis für 90 % der KMUs.
Faustregeln 🠒 Welches Backup für welchen Zweck?
🛈 Greifen Sie immer auf ein Voll-Backup zurück, wenn…
- … Sie die Basis für Ihre Backup-Strategie legen (z. B. einmal pro Woche)
- … absolute Einfachheit und maximale Sicherheit bei der Wiederherstellung oberste Priorität haben
- … Sie nur relativ kleine Datenmengen sichern und Speicherplatz keine Rolle spielt
🛈 Wählen Sie ein inkrementelles Backup, wenn…
- … Ihr Speicherplatz stark begrenzt ist
- … Sie täglich sehr große Datenmengen sichern müssen und das Backup-Fenster kurz ist
- … eine etwas längere Wiederherstellungszeit (RTO) für Sie akzeptabel ist
🛈 Wählen Sie ein differentielles Backup, wenn…
- … Sie einen ausgewogenen Kompromiss suchen (der „goldene Mittelweg“)
- … Ihnen eine schnelle und unkomplizierte Wiederherstellung wichtig ist, Sie aber nicht den Speicher für tägliche Voll-Backups haben
- … Sie das Risiko minimieren wollen, dass eine einzelne defekte Sicherungsdatei die gesamte Kette unbrauchbar macht
Fazit für die Praxis: Die effektivste Lösung ist fast immer eine hybride Strategie. Zum Beispiel ein wöchentliches Voll-Backup, kombiniert mit täglichen differentiellen Backups. So verbinden Sie die Sicherheit des Voll-Backups mit der Effizienz der täglichen Sicherungen.
Praxis-Cases 🠒 Welches Verfahren rettet Ihr Szenario?
Jedes Unternehmen hat andere Anforderungen. Sehen wir uns drei typische Fälle an, um die Wahl der richtigen Backup-Strategie zu verdeutlichen.
Case 1: Der Onlineshop mit Live-Datenbank
Szenario: Ein mittelständischer E-Commerce-Shop, dessen Bestell- und Kundendatenbank sich im Minutentakt ändert. Ein Ausfall am Vormittag muss bis zum Mittagsgeschäft behoben sein.
Herausforderung: Extrem kurze Wiederherstellungszeit (RTO unter 2 Stunden) bei gleichzeitig hoher Datenänderungsrate. Die Wiederherstellung darf nicht von einer langen, fehleranfälligen Kette von Backups abhängen.
Analyse & Lösung:
- Ein tägliches Voll-Backup würde zu lange dauern und die Systemleistung während der Geschäftszeiten beeinträchtigen
- Ein inkrementelles Backup ist zu riskant. Eine Wiederherstellung würde zu lange dauern und bei Beschädigung eines Kettenglieds komplett fehlschlagen
- Das differentielle Backup bietet hier den besten Kompromiss.
Gewählte Strategie: Ein wöchentliches Voll-Backup am Sonntag, kombiniert mit täglichen differentiellen Backups. Für eine Wiederherstellung am Freitag werden nur zwei Dateien benötigt: das Voll-Backup vom Sonntag und das differentielle Backup vom Donnerstagabend. Das ist schnell und robust.
Case 2: Das Anwalts- oder Arztarchiv
Szenario: Eine Kanzlei archiviert abgeschlossene Mandantenakten digital. 95 % der Daten sind statisch und werden nur noch zur Einhaltung der Aufbewahrungsfristen vorgehalten. Neue Akten kommen nur sporadisch hinzu.
Herausforderung: Große Datenmengen, aber sehr geringe tägliche Änderungen. Der verfügbare Speicherplatz für Backups ist begrenzt. Eine Wiederherstellung ist selten und nicht zeitkritisch (RTO > 24 Stunden).
Analyse & Lösung:
- Der Hauptfokus liegt hier auf Speicherplatzersparnis. Die Wiederherstellungsgeschwindigkeit ist zweitrangig
- Ein differentielles Backup würde mit der Zeit immer größer werden und unnötig Platz belegen
- Das inkrementelle Backup spielt hier seine größte Stärke aus
Gewählte Strategie: Ein monatliches Voll-Backup, ergänzt durch tägliche inkrementelle Backups. Die täglichen Sicherungen sind winzig, da sie nur die wenigen neuen oder geänderten Dokumente umfassen. Der geringe Speicherbedarf rechtfertigt den höheren Aufwand im seltenen Fall einer Wiederherstellung.
Case 3 (Für Fortgeschrittene): Der moderne Hybrid-Ansatz
Szenario: Ein IT-Dienstleister möchte für seine Kunden die Vorteile aller Methoden kombinieren: schnelle tägliche Backups, geringer Speicherbedarf UND eine schnelle Wiederherstellung.
Herausforderung: Wie kann man die lange, fragile Wiederherstellungskette des inkrementellen Backups umgehen, ohne auf dessen Speichervorteile zu verzichten?
Analyse & Lösung:
- Hier kommen moderne Backup-Technologien ins Spiel, die oft als „synthetisches Voll-Backup“ oder „Incremental-Forever“ bezeichnet werden
- Der Trick: Es wird ein initiales Voll-Backup erstellt, gefolgt von täglichen inkrementellen Backups. Die Backup-Software führt jedoch im Hintergrund (z. B. am Wochenende) das alte Voll-Backup und die inkrementellen Sicherungen automatisch zu einem neuen, „synthetischen“ Voll-Backup zusammen.
Gewählte Strategie: Incremental-Forever mit synthetischem Voll-Backup
Vorteil: Die täglichen Backups sind blitzschnell (inkrementell). Der Speicherbedarf bleibt gering. Dennoch ist für eine Wiederherstellung immer eine vollständige, aktuelle Sicherung verfügbar, ohne dass eine lange Kette manuell wiederhergestellt werden muss. Dies ist die effizienteste, aber auch technologisch anspruchsvollste Methode.
Fazit 🠒 Vom technischen Muss zur strategischen Stärke
Datensicherung ist kein IT-Thema, sondern Ihr Versicherungsschein gegen Stillstand.
Ob Sie morgen um 8:00 Uhr Krisenmanager oder Krisenopfer sind, entscheidet sich an drei Parametern: RTO, RPO und der richtigen Backup-Kombination.
Risiko | Maßnahme | Deadline |
RTO > 2 h | differenzielles Backup für kritische VMs aktivieren | Heute |
RPO > 15 min | stündliche Inkrementals für SQL-Transaktionslogs | innerhalb von 48 Stunden |
ungetestete Backups | Restore-Test im Kalender blocken | jetzt! |
fehlende Verschlüsselung | AES-256 für Cloud-Repo einschalten | in 7 Tagen |
DSGVO-Lücken | Verfahrensverzeichnis aktualisieren | in 30 Tagen |
Rufen Sie Ihr Dashboard auf, klicken Sie auf „Restore-Test starten“ und stoppen Sie die Stoppuhr. Wenn Sie länger als 15 Minuten brauchen, wissen Sie, was zu tun ist.